Über all die Jahre war eins festzustellen: Um Respekt und Akzeptanz bei Spielern und Trainern zu erhalten, braucht es viel Zeit und einige Spiele mit guten, unauffälligen Leistungen. Um Respekt bei Spielern und Coaches zu verlieren, dazu braucht es nur einen einzigen Pfiff, der am Ende aus Sicht dieser das Spiel entschieden hat. Schon bist du unten durch und fängst quasi bei Null an. Es ist eben auch unser Los, genau an einer Szene gemessen zu werden. Du kannst als Schiedsrichter 58 Minuten nicht in Erscheinung getreten sein, musst aber in den letzten zwei Minuten eine Entscheidung treffen, dessen Folge ein Spiel entscheiden kann und schon redet keiner mehr über die soliden 58 Minuten davor. Ich glaube dieser harten Kritik sind wirklich nur wir Schiedsrichter ausgesetzt. Lässt ein Stürmer kurz vor Ende des Spiels eine hundertprozentige Chance aus, dann war das eben Pech, hat aber das Spiel eventuell auch entschieden. Eine Strafe, dessen Überzahl ein entscheidendes Tor zur Folge hat, ist oftmals auch entscheidend dafür, ob wir als ein guter oder schlechter Schiedsrichter beurteilt werden und dabei ist es nicht so, dass am Ende die Mannschaft mit dem siegreichen Überzahltor, automatisch von einer guten Schiedsrichterleistung spricht.
Doch ist es aus Sicht von uns Schiedsrichter genau das, was gern den Unterschied ausmacht. In der Regel stehen die Konsequenten unter uns, am Ende der Saison noch auf dem Eis. Man darf aber hier auch nicht den Fehler begehen und nur hart durchgreifen und dabei vergessen, dass man Spielleiter und nicht der Hauptakteur ist. Daher zeichnet einen guten Schiedsrichter aus, zum richtigen Zeitpunkt Maßstäbe zu setzen, gut zu kommunizieren und dabei stets einen ruhigen und gelassenen Eindruck zu machen und nicht unsicher zu wirken. Wenn das Umfeld bemerkt, dass man durch deren Einwirkung unsicher oder gar beeinflusst wird, kann man sich getrost von seiner Akzeptanz verabschieden. Ein guter Spielleiter zu sein, ist also ein schmaler Grat zwischen zwei Welten: Zum Einen darf man als Schiedsrichter das Regelbuch nicht außer Acht lassen, zum Anderen soll man mit dem gewissen Gefühl für das Spiel agieren und den Spielraum der Auslegung zu Regeln nutzen, um möglichst dem Ganzen einen Stempel aufzudrücken, welcher dich am Ende unsichtbar macht. Wenn nach dem Schlusspfiff keiner nach dem Namen des Schiedsrichters fragt, dann ist oftmals vieles Richtig gelaufen. Das ist unser ungeachtet stiller Applaus.
Als Schiedsrichter selbst will man einfach nur mit einem guten Gefühl nach Hause fahren. Mit dem guten Gewissen, nichts Schwerwiegendes verpasst zu haben, oder gar eine krasse Fehlentscheidung getroffen zu haben. Nichts beschäftigt einen im Nachhinein mehr, als das man auf dem Video etwas völlig anderes erkennt, als was auf dem Eis wahrgenommen wurde. Dennoch heißt es auch nach schlechten Entscheidungen: Mund abputzen, daraus lernen und beim nächsten Mal besser machen. Dies hat nichts allein mit „besser hinschauen“ zu tun. Manchmal hat man einfach nicht die Chance, mit einem Blick alles richtig zu erfassen. Da spielt sehr viel mit rein, die eigene Position, die Sichtbehinderung durch andere Spieler, die eigene Bewegung, am Ende eben auch die Geschwindigkeit des Spiels. Dann muss man blitzschnell zusammenfassen was man gesehen hat, sich alles kurz noch mal vor Augen führen und dann die richtige Entscheidung fällen. Und das alles, bevor schon das ganze Stadion „heyyyy“ ruft. Nichts lässt einen Schiedsrichter schlechter dastehen, als ein zu spät gehobener Arm. Und über die Momente, bei denen der Arm schon in der Höhe ist und einem klar wird, dass dies jetzt nicht die beste Entscheidung war, muss man auch mal mit guten und offenen Worten gegenüber den bestraften Spieler kommunizieren. Ehrlichkeit bringt einem an der Stelle den höchsten Respekt. Davon bekommt natürlich kein Fan etwas mit, aber so lange man auf dem Eis respektvoll miteinander umgeht, ist die Welt für einen Schiedsrichter in Ordnung. Dann fühlt man sich als ein Teil des Spiels.
Am Ende bleibt einfach ein großes Problem an uns hängen. Auf dem Eis stehen zwei Teams. Jedes will gewinnen und vertritt dabei seine Interessen. Auf der Tribüne finden sich die zwei Fanlager der Clubs ein. Jedes will sein Team siegen sehen. Und dann ist da noch ein Trainerteam, welches alles für einen Sieg geben wird. Nicht allzu oft hängt von Sieg oder Niederlage dessen Job ab. Mittendrin steht das Schiedsrichter-Team. Es wird immer einen Interessenkonflikt geben und dessen sind wir uns sehr wohl bewusst. Aber auch hier muss man sagen, dass es eine positive Entwicklung stattgefunden hat. Vieles geht inzwischen wesentlich ruhiger ab und die verbalen Angriffe nehmen ab. Nicht zuletzt auf Grund des Vier-Mann-Systems und der sehr hilfreichen Videotechnik bei Torentscheidungen. Auf die Vor- und Nachteile des Drei-Mann-Systems gehe ich dann im Schlussdrittel ein.
Facebook-Beitrag von Stefan Vogl
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