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Einzigartiges Nachwuchsprojekt

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  • Einzigartiges Nachwuchsprojekt

    An der IGMH werden in einer reinen Eishockey-Klasse Profis mit höherem Bildungsabschluss geformt\r\n\r\nMannheimer Morgen\r\n\r\nDas Projekt: Bei der ersten reinen Eishockey-Klasse an der IGMH ist das Training in den Schulalltag integriert\r\n"Lernieren" fürs Leben\r\n\r\nDie Pausenglocke läutet. Jetzt muss alles schnell gehen. Raus aus dem Unterricht, ab zum Training. Schläger statt Füllfederhalter: Mit einem einzigartigen Projekt an der IGMH soll der Mannheimer Eishockey-Nachwuchs auf die Profikarriere vorbereitet - und fürs Berufsleben fit gemacht werden. Lernen und Trainieren gehen Hand in Hand: Die elf- und zwölfjährigen Jungs wie Thomas Gauch, Lukas Kälble, Tobias Uglar oder Samuel Soramies "lernieren" quasi fürs Leben.\r\n\r\n"Wir haben gesehen, dass man noch früher anfangen und noch intensiver trainieren muss, um international konkurrenzfähig zu sein", betont Helmut de Raaf, der "Vater" des Knaben-Projekts. Mit der IGMH hat der 48-Jährige einen erfahrenen Partner für den Probelauf gewonnen: Seit über zehn Jahren hat die Gesamtschule mit dem Jungadler-Internat Eishockey-Spieler wie Yannic Seidenberg ausgebildet.\r\n\r\nDas Vorhaben gleicht einer Revolution in Sachen Talentförderung. Es wurde eine reine Eishockey-Klasse gegründet, die 20 der 23 Spieler der Knabenmannschaft besuchen. "Die wichtigste Prämisse war uns ein kindgerechtes Projekt, ein ganzheitlicher Ansatz", betont de Raaf. So sei das Training im nahen Leistungszentrum in die Schulzeit integriert. "Der soziale Tagesablauf der Kinder wird damit nicht gestört. Wenn sie um 16 Uhr heimfahren, haben sie normalerweise ihre Hausaufgaben erledigt und können spielen."\r\nDer Fußball macht's vor\r\n\r\nAls Mannheims Eishockey-Nachwuchskoordinator die an sich nicht neue Idee - die Münchner Fußballer machen es vor - an Schulleiter Gerhard Diehl herantrug, stieß er auf offene Ohren. Auch der neue Unterstufenleiter Rainer Mickelat streckte den Daumen nach oben. "Das Engagement aller ist enorm", lobt de Raaf. In Christian Lorch, der als Klassenlehrer und Trainer fungiert, hat er einen qualifizierten Mitstreiter gefunden. Lorch wurde vor die knifflige Aufgabe gestellt, jahrgangsübergreifende Klassen zu bilden. "Vor allem die Differenzierung der Lerninhalte für Sechst- und Siebtklässler musste sichergestellt werden", unterstreicht der 29-Jährige. Diehl betont: "Das Projekt ist nur durchführbar, weil wir keine G-8-Schule sind. Ansonsten wäre der Stoff viel zu umfangreich."\r\n\r\nDer Tag, der für die Kinder um 8 Uhr beginnt, ist strikt durchgeplant. "In den ersten sieben Wochen hat sich alles eingespielt. Das Feedback der Kollegen ist durchweg positiv. Man merkt den Kindern an, dass sie wollen - diesen Ehrgeiz haben sie im Sport entwickelt", sagt Lorch.\r\n\r\nMit einem sogenannten Try-out (Probetraining) wurden die Kinder ausgewählt, ein Blick in die Zeugnisse durfte nicht fehlen. Die Macher betonen, dass die Schule Priorität genießt. "Viermal im Jahr gibt es bei uns Noten, so haben wir eine gute Kontrolle. Es bleibt keiner auf der Strecke", meint Lorch. Ziel der zweigleisigen Ausbildung sei es, Eishockey-Profis mit Abitur - oder Mittlerer Reife - zu formen.\r\n\r\nUnd die Kinder, die viermal pro Woche für 90 Minuten aufs Eis gehen und zusätzlich zwei Athletik-Einheiten schultern müssen? Sie finden es klasse. "Es ist anstrengend, macht aber auch sehr viel Spaß", sagt Tobias Uglar, der aus Frankfurt kommt und unter der Woche bei einer Mannheimer Gastfamilie lebt: "Die Lehrer sind sehr nett."\r\n\r\nAlle träumen von einer Profikarriere - am besten in der NHL - und nehmen dafür einiges in Kauf. Einer beklagte sich bei seinem Vater darüber, dass es keine Mädchen in der Klasse gebe. "Da kann man sich gar nicht richtig verlieben", meint er. Aufmunterung gibt es aus dem eigenen Lager. "Das lästige Briefeschreiben fällt weg. Außerdem kommen die Mädels jetzt zu uns in die Klasse", betont Anton Geisler. Wenn die Pausenglocke ertönt, muss es eben auch mit dem Flirten schnell gehen.

  • #2
    Mannheimer Morgen\r\n\r\nDer Trainer: Ehemaliger Jungadler-Verteidiger bildet seine Schüler als Klassenlehrer und Trainer aus\r\nLorch meistert zwei Jobs in einem\r\n\r\nAuch Christian Lorch wollte es wissen. Auch der 29-Jährige, der beim Projekt an der IGMH Klassenlehrer und Eishockey-Trainer in Personalunion ist, strebte eine Profikarriere an. Er spielte in mehreren Auswahlteams. "Ich war aber Realist genug, um zu erkennen, was ging und was nicht", sagt Lorch, der beim Mannheimer ERC alle Nachwuchsstationen durchlief. Der Verteidiger gehörte unter Franz Fritzmeier zur ersten Jungadler-Generation, die in der semiprofessionellen Oberliga und Regionalliga Süd ihr Glück versuchte.\r\n\r\nAn Lorchs Beispiel können sich seine Schüler orientieren: Der Familienvater setzte nicht alles auf eine Karte, sondern auf eine duale Ausbildung. "Nach meinem Abitur habe ich in Stuttgart studiert und dort nebenher noch in der Oberliga gespielt", erzählt der Lehrer, der an der IGMH die Fächer Englisch, Geschichte und Erdkunde unterrichtet.\r\n\r\nZum Referendariat kehrte der gebürtige Mannheimer ans Liselotte-Gymnasium in die Quadratestadt zurück. In der ersten MERC-Herrenmannschaft ging er seinem Sport auf Hobby-Ebene nach.\r\n\r\n"Ich versuche, authentisch zu bleiben und will den Kindern nichts vormachen, was ich nicht bin", sagt Lorch. Die Schüler können ihren Lehrer immer fragen, wieso er jetzt nicht in der DEL oder in einer anderen Profiliga seine Brötchen verdient. Er hat immer ein offenes Ohr. "Lorch kann auch harte Entscheidungen treffen, er bleibt dabei immer fair", sagt Antti Soramies. Auch Sammy, der Sohn des Radio-Regenbogen-Sportreporters, gehört zur Eishockey-Klasse. Der Elfjährige und seine Freunde streben eine große Sportler-Karriere an. "Die Kinder leben ihren Traum - und sie sollen in diesem Alter ja auch träumen dürfen", betont Lorch. Er will seinen Schützlingen aber am eigenen Beispiel aufzeigen, dass nicht jeder den Sprung in den Profibereich schafft. Niemand ist vor einer schwerwiegenden Verletzung gefeit.\r\n\r\n"Leistungssport ist ein hartes Geschäft. Die Kinder müssen zweigleisig fahren. Glücksgriffe und Ausnahmetalente wie Jochen Hecht, der mit dem Eishockey in Nordamerika viel Geld verdient, werden immer seltener", unterstreicht Lorch. Wie es gehen kann, hat nicht zuletzt auch Dennis Seidenberg bewiesen, der - wie die jetzigen Adler-Stürmer Frank Mauer und Yannic Seidenberg - an der IGMH sein Abitur baute und nun bei den Florida Panthers in der NHL seinen Weg geht.\r\n\r\nLorch hat ein volles Deputat. Er unterrichtet nicht nur seine Eishockey-Jungs, sondern auch in anderen - "normalen" - Klassen. "Die Schule ist mir beim Stundenplan sehr entgegen gekommen", sagt der Mann mit den zwei Jobs in einem.

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    • #3
      Mannheimer Morgen\r\n\r\nDie Eltern: Sohn Cooper stellt sich großer Belastung\r\nTeal Fowler: Noten an erster Stelle\r\n\r\nEltern wollen immer das Beste für ihre Kinder. Teal Fowler (Bild) bildet da keine Ausnahme. Der Associated Coach der Mannheimer Adler freut sich, dass sein Sohn Cooper beim Knaben-Projekt dabei ist. "Wir müssen nicht lange darüber reden, dass das etwas ganz Besonderes ist. Den Jungs wird eine einmalige Gelegenheit geboten."\r\n\r\nDer 38-jährige Amerikaner kennt aber auch die zweite Seite der Medaille: "Die Belastung für die Kinder ist schon sehr groß." Besonders für seinen Sohn, denn Cooper gehört zu dem Trio, das nicht zur Eishockey-Klasse gehört. Während Cornelius Baving die achte und Enrico Salvarani die fünfte Klasse der IGMH besuchen, paukt der Fowler-Sprössling an der Internationalen Gesamtschule in Heidelberg - Pendeln zum Training nach Mannheim inklusive.\r\n\r\nDie Fowlers haben sich die gleichen Gedanken gemacht wie die anderen Eltern: Hält mein Sohn dem Druck stand? Hat er noch etwas von seiner Kindheit? "Wir haben mit Cooper darüber gesprochen und tun das immer wieder", sagt Fowler, der beim Projekt hautnah dabei ist, wenn er montags, am freien Tag der Adler, mit der Knabenmannschaft auf dem Eis steht: "Die Jungs trainieren wie die Profis, die Trainer sind auf einem sehr guten Weg."\r\nBelastung schlaucht ganz schön\r\n\r\nSchule, Training, Schule, Training - und wenn Gleichaltrige die Ferien genießen, müssen Cooper und seine Freunde aus der Eishockey-Klasse nicht selten nacharbeiten, was liegengeblieben ist. "Wir wohnen ja ein bisschen außerhalb von Mannheim. Das eine oder andere Mal ist es schon passiert, dass Cooper auf dem Rückweg einschlief", erzählt Fowler.\r\n\r\nDie Familie ist sich einig, dass die Schule an erster Stelle steht. "Die Noten müssen stimmen", betont der ehemalige Torjäger. Fowler gefällt es, dass das Team in der NRW-Liga voll gefordert wird: "Es ist gut, dass die Jungs nicht jedes Spiel gewinnen. So lernen sie, dass sie jeden Tag hart für den Erfolg arbeiten müssen."\r\n\r\nDer 38-Jährige ist gespannt darauf, wie das Projekt wachsen wird. Dass es eine Zukunft hat, steht für ihn außer Frage: "Je früher im Training Grundlagen gelegt werden desto besser - auch wenn es nie eine Garantie dafür gibt, dass aus allen Kindern Eishockey-Profis werden."

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      • #4
        Mannheimer Morgen\r\n\r\nDie Liga\r\nIm Wettbewerb mit den Besten\r\n\r\n\r\n2:0 und 8:2 in Köln - die Knaben sind mit zwei Siegen aus dem Rheinland zurückgekehrt. "Unser großes Manko bleibt die Chancenverwertung, sonst hätten wir das erste Duell ebenfalls mit 8:2 gewonnen", sagt Trainer Christian Lorch.\r\n\r\nDass das Team in der nordrhein-westfälischen Top-Liga und nicht in Baden-Württemberg auf Punktejagd geht, hat einen einfachen Grund. "Die Spielklasse ist ausgeglichen, nur Krefeld ragt heraus. So müssen die Jungs immer ans Limit gehen", betont der Coach. Mit einer Sondergenehmigung geht der Tabellendritte an den Start, der MERC trägt die Kosten. "Teurer kommt uns der Ligen-Wechsel nicht", sagt Lorch, der schon dem Heimspiel-Doppelpack gegen Spitzenreiter Krefeld (21. November, 17 Uhr und 22. November, 14 Uhr) in der großen Nebenhalle der SAP Arena entgegenfiebert.

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        • #5
          Mannheimer Morgen\r\n\r\nDrei Fragen\r\n"Europaweit einmalig"\r\n\r\n\r\nHerr Kuhl, wie beurteilen Sie das neue Knaben-Projekt?\r\n\r\nMarcus Kuhl: Das Projekt ist wohl europaweit einmalig. Es ist absolut richtig, diesen Weg zu gehen.\r\n\r\nWieso?\r\n\r\nKuhl: Die Spieler sind mit 15 weiter in ihrer Entwicklung, wenn sie mit elf Jahren anfangen, richtig Gas zu geben. Es ist in jedem Leistungssport so, dass die Kinder und Jugendlichen immer besser werden, je früher sie damit anfangen, professionell zu trainieren.\r\n\r\nWo steht das Projekt im internationalen Vergleich?\r\n\r\nKuhl: Ein Finne oder ein Schwede hat keine besseren Voraussetzungen als die Jungen in Mannheim. Natürlich ist es weiter so, dass die Skandinavier in der Masse besser ausgebildet werden. Solange es nicht mehrere solcher Projekte in Deutschland gibt, ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Nur wenn andere Klubs diesem Beispiel folgen, könnten wir in zehn, zwölf oder 15 Jahren in die Eishockey-Weltspitze vorstoßen. Deutschland hat dafür mit seinen 85 Millionen Einwohnern eigentlich gute Voraussetzungen.

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          • #6
            Mannheimer Morgen\r\n\r\nKommentar:\r\nBeispiel muss Schule machen\r\n\r\nChristian Rotter zur Talent-Förderung in Mannheim\r\n\r\nDie Probleme des deutschen Eishockeys sind vielfältig und lassen sich nicht über Nacht lösen. Bundestrainer Uwe Krupp hat zuletzt immer öfter - und immer schärfer - die Missstände angesprochen. Dass im deutschen Oberhaus fast in allen Klubs Importspieler in Schlüsselsituationen auf dem Eis stehen, ist weder schön noch neu.\r\n\r\nMit dem einzigartigen Nachwuchsprojekt an der IGMH versuchen Helmut de Raaf und sein Team, den Status quo auf lange Sicht zu verändern. Sie zeigen einen Weg auf, wie die duale Ausbildung - Abitur auf der einen, Eishockey-Karriere auf der anderen Seite - Hand in Hand aussehen kann. Es gibt ein stringentes Konzept, das im Profi-Sport enden kann, aber nicht muss. Die Chance, die akademische Laufbahn einzuschlagen, bleibt immer bestehen.\r\n\r\nKlar ist aber auch: Die Elf- und Zwölfjährigen sehen sich einer Herkulesaufgabe gegenübergestellt, Schule und Sport unter einen Hut zu bringen. Nicht jeder wird das meistern - darf daran aber nicht zerbrechen. Und so hat es oberste Priorität, dass die Pädagogen das Wohl ihrer Schutzbefohlenen im Auge haben und eigene Interessen hinten anstellen. Auch die Eltern sind gefordert, einen Schlussstrich zu ziehen, wenn ihr Kind nicht länger Kind sein kann.\r\n\r\nDie ersten Wochen machen Hoffnung, die Eishockey-Talente sprühen vor Tatendrang. Läuft das Projekt in diesen Bahnen weiter, hat es die Chance verdient, zur Institution zu werden. Das Beispiel in Mannheim sollte Schule machen - ansonsten verkommt der Nutzen für das deutsche Eishockey wirklich zum Tropfen auf den heißen Stein.

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